Wie du deine Grenzen setzten und verteidigen kannst

Wenn du zum Beispiel an anderes Land (außerhalb Europas) bereisen möchtest, benötigst du einen Ausweis bzw. Pass an der Grenze. Die Zollbeamten prüfen dich sehr genau, bevor du das Land betreten darfst.

In dem fremden Land hältst du dich an die Gesetze des Landes, achtest ihre Bräuche und ihre Kultur. Du warst sozusagen ihre Grenzen.

Wie ist das mit deinen Grenzen?

Angenommen du betrachtest dein Leben bildlich einfach mal wie ein Land mit deinen Grenzen, deinen Nachbarn, freundlichen Besuchern, möglichen Eindringlingen, …

Martin Wehrle beschreibt es in seinem Buch „Bin ich hier der Depp“ sehr treffend und ich möchte dich heute an diesen Gedanken, Fragen und Lösungen teilhaben lassen.

Bist du noch Herrscher über dein Leben?

Stell dir vor, dein Leben ist ein Land. Ein Land muss regiert werden. Jetzt überleg mal, wer regiert in deinem Land:

  • Regierst du dort als Herrscher?
  • Regierst du dein Leben auch noch im Job?
  • Bestimmst du in deinem Land, was geschieht?
  • Oder …
  • Wirst du gehetzt, geschubst und von außen regiert?
  • Bist du bereits als Oberhaupt (Präsident, Kanzler,…) entmachtet und hast dein Land an fremde Mächte der Arbeitswelt verloren?

Die Voraussetzung, dass ein Staat auf einer Landkarte zu sehen ist, sind seine Grenzen. Erst durch die Grenze weiß man, wo ein Land beginnt und endet. Wie du auch aus der Geschichte weißt, ist es unheimlich wichtig, diese Grenzen zu verteidigen, sonst können zum Beispiel die Nachbarländer einfallen und das Gebiet zu ihrem Territorium erklären. 

Auch das Land deines Lebens steht und fällt mit seinen Grenzen. Doch oftmals ist es schwierig, sich im Job abzugrenzen. Man könnte fast meinen, wer seine Arbeitsstelle betritt, verlasse das Land seines eigenen Lebens.

Wenn du dir jetzt überlegst, wieviel Zeit du in deinem Job verbringst, dann wird dir schnell klar, dass dein Job über viele Jahrzehnte zeitlich im Mittelpunkt deines Lebens steht.

Wenn ich in meiner Sitzung meinen Klienten frage:

„Hast du im Beruf die Grenzen so klar um dein Privatleben gezogen, dass niemand sie übersehen kann?“

Meist ist ein Kopfschütteln die Antwort.

Fast in jedem Job testen Chefs die Grenzen ihrer Mitarbeiter. Und je geringer der Widerstand ist, auf den sie stoßen, desto weiter dringen sie in das fremde Leben ein, bis sie es zum Territorium der Firma erklärt haben.

Klar ist es so, wer als Arbeitnehmer keine Grenzen setzt, gilt als „beliebt“ und „nett“. Doch übersetzt heißt das: Mit ihm kann man machen was man will! Er ist harmlos, niemand fürchtet ihn, die Firma kann das Land ihrer eigenen Interessen auf seine Kosten ausdehnen.

Es ist schon paradox: Jemand öffnet seine Grenzen, um anderen zu gefallen, aber weil er seine Grenzen öffnet, verliert er an Ansehen. Niemand nimmt ihn mehr ernst! Respekt genießen Menschen, die ihr Lebensland klar abgrenzen.

Nur weil du für eine Firma arbeitest, musst du noch lange nicht jeder Erwartung gerecht werden – vor allem nicht solchen, die weit über deinen Arbeitsvertrag hinausgehen.

Die Stärke steht in deiner Abgrenzung. Lass dich nicht von außen steuern! Entscheide bewusst, wo du die Grenzen deines Lebens ziehen, wer diese Grenzen überschreiten darf und wer nicht. Die Wächter-Strategie hilft dir, wieder Herrscher deines eigenen Lebens zu werden.

Die drei Geheimnisse zum „Grenzen setzen“ im Job 

Deine Wächter-Strategie im Job funktioniert in drei Schritten:

  1. Definiere dein Land – was willst du bewachen?
  2. Ziehe deine Grenzen so, dass diese für jeden sichtbar sind.
  3. Ohne Ausnahme! Auf diese Weise kannst du Interessen erkennen und Angriffe von außen effektiv abwehren.

Definiere dein Land – was willst du bewachen?

Warum ziehen Staaten Grenzen um ihr Land?

Weil sie etwas besitzen, was sich zu verteidigen lohnt, zum Beispiel: ihr Volk, ihre Grundordnung, ihre Bauwerke, ihre Bodenschätze, oder sonstige Schätze und Reichtümer. Wo es nichts zu verteidigen oder zu bewachen gibt, sind Grenzen überflüssig.

Viele meiner Klienten sind in der Arbeit untergegangen und hatten sich noch nie gefragt: „Was ist in meinem Leben so wichtig, dass ich es gegen Übergriffe verteidigen und bewachen möchte?“

Jetzt möchte ich deine Fantasie anregen: „Angenommen, du hättest nur noch kurze Zeit zu leben – was wäre dir in dieser Zeit am wichtigsten?“

Auch wenn du ein bekennender Workaholics bist, würdest du niemals sagen: „Ich würde alles tun, um bei meinem Chef zu punkten!“ oder: „Ich würde darum kämpfen, den unrealistischen Projekttermin doch noch zu halten!“ oder: „Ich würde mich dafür überschlagen, dass meine Firma am Jahresende die besten Umsatzzahlen aller Zeiten schreibt!“

Die Vorstellung, bald sterben zu müssen, rückt deine Prioritäten wieder zurecht. Entdecke Reichtümer in deinem Leben, für die es sich lohnt, darüber zu wachen.

Was würdest du tun, was wäre dir am wichtigsten, wenn du nur noch wenige Monate zu leben hättest? Welchen Menschen, welchen Tätigkeiten, welchen Idealen schenkst du deiner verbleibenden Zeit?

In welchem Verhältnis stehen diese Wünsche und Bedürfnisse zu deinem Job?

Was hindert dich in deinem Joballtag, diese Wünsche und Bedürfnisse, also deine Werte, zu leben?

Was kannst du jetzt für dich daraus schlussfolgern?

Erst wenn du wirklich weißt, wofür du kämpfen möchtest, was dir dein Leben wert ist, was du in diesem Leben wert bist, fließt dir die Kraft zu, die du für das Setzten und Bewachen deiner Grenzen benötigst.

Eine Klientin, Anwältin, wollte ihre Familienabende vor dienstliche Mails bewachen. In ihrer Sozietät war es üblich, dass die Mitarbeiter bis in die tiefe Nacht auf Mails antworten. Meine Klientin hatte dies auch getan, über mehrere Jahre. Doch nun kriselte ihre Ehe und ihrer Kinder, 9 und 11 Jahre alt, entglitten ihr, sie verbrachten ebenfalls die Abende und Nächte vor ihrem Computer oder Handy. An so etwas wie Familienleben oder gemeinsames Abendessen war noch nicht mal im Entferntesten daran zu denken

Mit Hilfe unserer Arbeit fand sie heraus, dass sie ein Arbeitsleben in einem Hamsterrad führte. Sie hat ihre eigenen Werte zugunsten der Sozietät verraten.

Sie beschloss mit aller Kraft, ihr Familienleben zu schützen. Sie wollte wieder eine Familie, sie wollte wissen, wie es ihren Kindern geht, wie es in der Schule läuft, mit welchen Herausforderungen sie gerade kämpfen und sie wollte ihren Kindern und ihrem Mann wieder nahe sein.

In der nächsten Sitzung sagte sie zu ihrem Chef und ihren Kollegen: „Ich habe eine Mitteilung zur künftigen Arbeitsorganisation: Meine Abende mit meiner Familie genießen ab sofort höchste Priorität. Sie haben in letzter Zeit sehr unter den abendlichen Arbeitsdruck gelitten, das kann ich nicht länger zulassen und als Mama verantworten. Künftig bin ich nur in der Firma erreichbar – und dann auch erst wieder am nächsten Morgen.“

Alle waren verblüfft, weil sie von den Gepflogenheiten (den ungeschriebenen Gesetzen in der Sozietät) abwich.

Das klang auch nicht wie das Übliche, wo ein Mitarbeiter im Affekt sagt: „Nie wieder“ und zieht es spätestens am nächsten Tag wieder zurück.

Wie schaffte sie es, mit solch einer Sicherheit aufzutreten und für sich und ihre Familie einzustehen?

Sie nahm die Kraft aus ihren neu gesetzten Werten, das Leben mit ihrer Familie war viel wichtiger als die Anerkennung und Erfüllung der Erwartungshaltungen im Job.

Mache deine Grenzen sichtbar!

Reicht es aus, dass ein Land seine Grenzen für sich selbst festlegt?

Nein, es muss die Grenzen für andere sichtbar machen. Es setzt Grenzpflöcke, zieht Zäune und baut Wachstationen ein. Wer sich von außen nähert, soll sehen, dass hier ein fremdes Land beginnt. Er soll wissen, dass er die Grenze nur mit einer Genehmigung passieren darf und wenn er dagegen verstößt, bekommt er Ärger.

Wie hat meine Klientin, die Anwältin, ihren Grenzzaun sichtbar gezogen?

Sobald sie das Büro abends verließ, schaltete sie eine Abwesenheitsmail. In der es hieß, dass sie erst wieder am nächsten Tag 9 Uhr erreichbar ist. Nun hatte es jeder Nacht-Mail-Schreiber schriftlich, dass seine Post ins Leere läuft. Somit konnte niemand behaupten, er sei davon ausgegangen, meine Klientin noch erreicht zu haben.

In den ersten Wochen wurde ihr das Emailfach über Nacht vollgestopft. Doch mit der Zeit merkten die Absender, dass ihr nächtlicher Aktionismus nichts brachte. Die Zahl der späten Mails ging spürbar zurück.

Erst mit deiner Entschlossenheit, mit deiner sachlichen und sprachlichen Klarheit, mit der du deine Grenzen setzt, sinkt der Anreiz für andere und vor allem für dein Chef, an dieser Grenze zu rütteln.

Wähle klare Worte und vermeide schwammige Konjunktive als Weichmacher, wie: „ich wollte …“, „ich würde …“, „es wäre …“, „ich müsste …“, „ich hätte …“ oder „wir sollten …“

Benenne dein Anliegen, anstatt es zu verstecken oder klein zu machen, wie: Verniedlichungen oder „Das ist gar nicht so gut …“

Lass die Formulierungen, die alles was davor oder danach gesagt wird, wieder zurücknehmen und die eigene Aussage schwächen, wie: „im Prinzip …“, „vielleicht …“, „eigentlich …“, „grundsätzlich …“, „unter Umständen …“ oder „normalerweise …“.

Vermeide Verallgemeinerungen und werde konkreter. Hierbei sei vorsichtig, wenn du „alle …“, „immer …“, „jeder …“, „man …“, „keiner …“ und „niemand …“ verwendest.

Bewache und verteidige deine Grenzen!

Grenzen setzen ist das eine – diese zu bewachen und zu verteidigen, das andere!

Viele Mitarbeiter sagen ihrem Chef zum Beispiel nie wieder Überstunden zu machen, nie wieder Urlaub zu verschieben, nie wieder Idiotenarbeiten zu übernehmen.

Doch wenn der Chef sie mit Schmeicheleien einschüchtert, wie: „Ich konnte mich noch immer auf Sie verlassen!“, mit Drohungen einschüchtert, wie: „Wenn sie sich weigern, wird das Konsequenzen haben!“ oder deinen Helferinstinkt wachkitzelt, wie: „Sie lassen mich doch in dieser schwierigen Situation nicht hängen!“ – dann schaltet deine Grenzampel doch auf Grün. – Ausnahmsweise – und dein Chef marschiert grinsend hindurch.

Führungskräfte wissen, dass die meisten Mitarbeiter nicht willens sind, ihre Grenzen zu bewachen und im äußersten zu verteidigen. Sie müssen ihre Mitarbeiter nur lang genug dem Trommelfeuer der eigenen Wünsche und Erwartungen aussetzen und früher oder später knicken sie ein.

Eine Grenze, die keinen Widerstand aushält, eignet sich ideal für Arbeitsüberfälle. Sei als Wächter deines eigenen Lebenslandes standhaft!

Kein Wunsch, keine Erwartungen, keine Forderungen solltest du einfach durchwinken. Nimm dir die Zeit, ähnlich wie bei verdächtigen Koffern, die bei der Gepäckkontrolle durchleuchtet werden, kannst du erkennen, ob dein Chef deine Grenzen verletzen, dich für seine Zwecke missbrauchen oder überfordern will. In diesem Moment lass deinen Schlagbaum runter und sage einfach „Nein“.

Mach keine Ausnahmen, sonst sind deine inneren Werte nur noch wie Spinnweben, die kleine Fliegen fangen, aber Wespen und Hornissen entkommen lassen.

Eine andere Klientin von mir, Bankkauffrau, nahm sich seit Jahren vor, um 17 Uhr Feierabend zu machen. Das war ihr wichtig, um den Anschluss an ihre geliebten Laufgruppe wieder zu finden.

Seit Jahren lief ihr das sportliche Leben im wahrsten Sinne davon: Die Gruppe brach um 17.30 Uhr auf, wenn sie gerade erst den Heimweg antrat. Der Sport fehlte ihr. Sie wälzte trübe Gedanken, setzte Übergewicht an und fühlte sich nicht mehr wohl in ihrem Körper.

Mehrfach hatte sie den Feierabend um 17 Uhr angekündigt – und damit eine Grenze gesetzt. Aber immer wieder gelang es dem Dienststellenleiter, sie von ihrem Vorsatz abzubringen. Ihre Arbeitsgrenze ließ sich beliebig dehnen, mal um eine halbe Stunde, mal um eine Stunde, mal um zwei Stunden. Weil sie ihre Grenze nicht verteidigte, konnten die Erwartungen der Firma ungehindert in ihr Lebensland eindringen.

In unseren Sitzungen erkannte sie das Dilemma. Wie konnte es ihr jetzt gelingen, ihre Grenzen effektiver zu bewachen und zu verteidigen?

Ich fragte sie: „Gibt es Kollegen, die ihre Grenzen konsequenter als du setzen?“

Sie erzählte mir von einer Kollegin, die jeden Tag um Punkt 15 Uhr ging, um ihren Sohn vom Kindergarten abzuholen. Alle wussten, dass die Kollegin um diese Zeit gehen musste. Alle sahen, dass sie jeden Tag um diese Zeit ging. Alle anfänglichen Versuche, sie länger festzuhalten, waren gescheitert. Seither rannte niemand mehr gegen ihre Grenze an.

Und so kam die Bankkauffrau auf eine Idee: Sie gründete eine Fahrgemeinschaft mit Kollegen aus einer anderen Firma, darunter einer Freundin aus der Laufgruppe. Genau um 17 Uhr musste sie die Bank täglich verlassen. Das hatte sie nicht nur mündlich, sondern auch in einer Rundmail bekannt gegeben.

Natürlich wurden ihre Grenzen hart attackiert – schließlich war sie als inkonsequente Wächterin bekannt! Um 16.30 Uhr warf ihr der Chef noch komplizierte Darlehensanfragen auf den Tisch, dann kam es zu folgendem Dialog:

„Gerne werde ich mich um diese Darlehen kümmern – morgen früh.“

„Aber ich brauche das heute Abend noch. Das ist dringend.“

„Dann müssen Sie den Auftrag jemand anderem geben. Ich gehe um 17 Uhr.“

„Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst! Sie wollen, dass die Kolleginnen Ihre Arbeit mitmachen?!“

„Ich mache meine Arbeit jeden Tag 8,5 Stunden. Und um 17 Uhr muss ich gehen.“

„Glauben Sie bloß nicht, dass ich mir das bieten lasse!“

Mit einem Augenzwinkern sagte sie: „Ich halte mich an meinen Arbeitsvertrag. Ich mache einen guten Job und nach 8,5 Stunden um 17 Uhr kann ich gehen.“

Nach ein paar Gesprächen dieser Art gab der Chef es auf: Er spürte, dass diese Grenzen nicht zu knacken waren.

In diesem Dialog wandte die Bankkauffrau eine rhetorische Technik an, die sich „gesprungene Schallplatte“ nennt: Sie wiederholte ihre Kernaussage „um 17 Uhr gehen“ immer wieder, statt sich zu rechtfertigen oder nachzugeben.

Die Fahrgemeinschaft diente der Kauffrau als Krücke, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Nach ein paar Monaten hatte sie so gute Erfahrungen mit ihrer Grenzsetzung gemacht, dass sie mutig verkündete: „Ich bin nicht mehr Teil der Fahrgemeinschaft, behalte aber meinen Feierabend um 17 Uhr bei.“

Inzwischen war sie als konsequente Wächterin bekannt. Alle neuen Versuche, die Grenze zu überrennen, blockte sie ab. Und es dauerte gar nicht lange, bis die Grenze respektiert wurde. Ihr Selbstbewusstsein ist seither enorm gewachsen. Die Qualität ihres Lebens auch.

Du hast jetzt gelesen, wie du Grenzen setzen und bewachen kannst.

In dir steckt auch ein Grenzwächter, der seine inneren neu definierten Lebens-Landes-Grenzen bewachen und verteidigen kann!

Wenn du weiter Unterstützung suchst und das Gefühl hast, noch nicht so richtig vorwärts zu kommen, kann ich dir mein kostenloses Wabun-Strategie-Gespräch vorschlagen. Hier unterhalten wir uns über deine momentane Situation, was deine Herausforderungen sind und wobei du vielleicht noch die eine oder andere Unterstützung gebrauchen könntest.

Melde dich einfach auf meiner Website unter Termine oder Kontakt zu einem kostenlosen Wabun-Strategie-Gespräch an.

Ich freue mich auf dich!

Cathleen